Die Gänsemagd

Vergleich der Fassungen von 1837 und 1857

Dies ist ein automatisierter Vergleich der 3. Fassung von 1837 des Märchens "Die Gänsemagd" (KHM 89) aus dem zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm mit der 7. Fassung von 1857.

Es lebte einmal eine alte Königin, der war ihr Gemahl schon lange Jahre gestorben, und sie hatte eine schöne Tochter. Wie die erwuchs, wurde sie weit über Feld auch an einen Königssohn versprochen. Als nun die Zeit kam, wo sie vermählt werden sollten, und das Kind in das fremde Reich abreisen mußte, packte ihr die Alte gar viel köstliches Geräth und Geschmeide ein, Gold und Silber, Becher und Kleinode, kurz alles, was nur zu einem königlichen Brautschatz gehörte, denn sie hatte ihr Kind von Herzen lieb. Auch gab sie ihr eine Kammerjungfer bei, welche mitreiten und die Braut in die Hände des Bräutigams überliefern sollte, und jede bekam ein Pferd zur Reise, aber das Pferd der Königstochter hieß Falada, und konnte sprechen. Wie nun die Abschiedsstunde da war, begab sich die alte Mutter in ihre Schlafkammer, nahm ein Messerlein, und schnitt damit in ihre Finger, daß sie bluteten: darauf [1] hielt sie ein weißes Läppchen unter, und ließ drei Tropfen Blut hineinfallen, gab sie der Tochter, und sprach »liebes Kind, verwahre sie wohl, sie werden dir unterweges Noth thun.«

Also nahmen beide von einander betrübten Abschied: das Läppchen steckte die Königstochter in ihren Busen vor sich, setzte sich aufs Pferd, und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst, und spriefach zu ihrer Kammerjungfer »steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuür mich mitgebnommen hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.« »Wenn ihr Durst habt,« sprach die Kammerjungfer, »so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht seyin.« Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wäasserlein im Bach und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie »ach Gott!« da antworteten die drei Blutstropfen »wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.« Aber die Königsbraut war demüthig, sagte nichts, und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, undaber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem:. dDa sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer »steig ab, und gieb mir aus meinem Goldbecher zu trinken.,« Ddenn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber, noch hochmüthiger, »wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd seyin.« Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, und legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach »ach, Gott!« und die Blutstropfen antworteten wiederum »wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.« Und wie sie so trank, und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen, und freute sich daß sie Gewalt über die Braut bekäme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau »auf Falada gehör ich, und auf meinen Gaul gehörst du,;« und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten die königlichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwören daß sie am königlichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an, und nahms wohl in Acht.

Die Kammerfrau stieg nun auf Falada, und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem königlichen Schloß eintrafen. Da war große Freude über ihre Ankunft, und der Königssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde, und meinte sie wäre seine Gemahlin: und sie wuarde die Treppe hinaufgeführt, die wahre Königstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte König am Fenster, und sah sie im Hofe halten, und sah wie sie fein war, zart und gar schön: gieng alsbald hin ins königliche Gemach, und fragte die Braut nach der, die sie bei sich hätte, und da unten im Hofe stände, und wer sie wäre? »Die hab ich mir unterwegs mitgenommen zur Gesellschaft,; gebt der Magd was zu arbeiten, daß sie nicht müßig steht.« Aber der alte König hatte keine Arbeit für sie, und wußte nichts, als daß er sagte »da hab ich so einen kleinen Jungen, der hütet die Gänse, dem mag sie helfen.« Der Junge hieß Kürdchen (Conrädchen), dem mußte die wahre Braut helfen Gänse hüten.

Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König »liebster Gemahl, ich bitte euch thut mir einen Gefallen.« Er antwortete »das will ich gerne thun.« »Nun so laßt den Schinder rufen, und da dem Pferde, worauf ich hergeritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geärgert hat,.« eEigentlich aber fürchtete sie daß das Pferd sprechen möchte wie sie mit der Königstochter umgegangen wäare. Nun war das so weit gerathen, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr, und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. In der Stadt war ein großes, finsteres Thor, wo sie Abends und Morgens mit den Gänsen durch mußte, »unter das finstere Thor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihmn doch noch mehr als einmal sehen könnte.« Also versprach das der Schindersknecht zu thun, hieb den Kopf ab, und nagelte ihn unter das finstere Thor fest.

Des Morgens früh, dals sie und Kürdchen unterm Thor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen

»o du Falada, da du hangest,«

da antwortete der Kopf

»o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, ihr Herz thät ihr zerspringen.«

Da zog sie still weiter zur Stadt hinaus, und sie trieben die Gänse aufs Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß sie hnieder, und machte ihre Haare auf, die waren eitel Gold, und Kürdchen sah sie, und freute sich, wie sie glänzten, und wollte ihr ein paar ausraufen. Da sprach sie

»weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und laß’n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.«

Und da kam ein so starker Wind, daß er dem Kürdchen sein Hütchen weg wehte über alle Land, und es mußte ihm nachlief, aufend. bBis es wieder kam war sie mit dem Kämmen und Aufsetzen fertig, und er konnte keine Haare kriegen. Da war Kürdchen bös, und sprach nicht mit ihr,; und so hüteten sie die Gänse bis daß es Abend wuarde, dann fuhrgiengen sie nach Haus.

Den andern Morgen, wie sie unter dem finstern Thor hinaus trieben, sprach die Jungfrau

»o du Falada, da du hangest,«

Falada antwortete

»o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.«

Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese, und fieng an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief, und wollte danach greifen, da sprach sie schnell

»weh, weh, Windchen, nimm dem Kürdchen sein Hütchen, und laß’n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.«

Da wehte der Wind, und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte,; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen,; und sieo hüteten sie die Gänse bis es Abend wuarde.

Abends aber, nachdem sie heim gekaommen waren, gieng Kürdchen vor den alten König, und sagte »mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.« »Warum denn?« fragte der alte König. »Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.« Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr gienge. Da sagte Kürdchen »Morgens, wenn wir unter dem finstern Thor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie

»Falada, da du hangest,«

da antwortet der Kopf

»o du Königsjungfer, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.«

Und so erzählte Kürdchen weiter, was auf der Gaänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte.

Der alte König befahl ihm aber den nächsten Tag wieder hinaus zu treiben, und er selbst, wie es Morgens war, setzte sich hinter das finstere Thor, und hörte da wie sie mit dem Haupt des Falada sprach: und dann gieng er ihr auch nach in das Feld, und barg sich in einem Busch auf der Wiese. Da sah er nun bald mit seinen eigenen Augen wie die Gänsemagd und der Gänsejunge die Heerde getrieben brachte, und wie nach einer Weile sie sich setzte und ihre Haare losflocht, die strahlten von Glanz. Gleich sprach sie wieder:

»weh, weh, Windchen, faß Kürdchen sein Hütchen, und laß’n sich mit jagen, bis daß ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.«

Da kam ein Windstoß und fuhr mit Kürdchens Hut weg, daß es weit zu laufen hatte, und die Magd kämmte und flocht ihre Locken still fort, welches der alte König alles beobachtete. Darauf gieng er unbemerkt zurück, und als Abends die Gänsemagd heim kam, rief er sie bei Seite, und fragte »warum sie dem allem so thäte?« »Das darf ich euch nicht sagen, und darf auch keinem Menschen mein Leichtd sklagen, denn so hab ich mich unter freiem Himmel verschworen, weil ich sonst um mein Leben wäre gekommen wäre.« Er aber drang in sie, und ließ ihr keinen Frieden:, »willstaber du miers konnte nichts eaus ihr hlerausbrin,gen. Da spragtech der alt»wenn du migr endlich, tso dsarfgen willst, dus doch klag dem KachEiselnofen erzählen.« »Ja, das wdeilln Leich wohld,« auntworteted sgieng fort. Damit mußtekroch sie in den OEisenofen, krfiechng an zu jammern, und zu weinen, schüttete ihr ganzes Herz aus, wund sprach »da sitze ichr bisnun dahivon allerg Welt verlangssen, und wbien sdoch eine vonigstochter, und erine falschen Kammerjungfer behatrog mich mit Gewalt dahin wogebracht daß ich meine waköniglichen Kleider. Ahaber dablergen Ofmüssen, und hatt meinen oPlatz beni meinem LBräutigam eingenochmmen, unda ich muß als Gänsemagd gemeine Dienste thun. Wenn das meine Mutter wüßte, das Herz im Leib thät ihr dzerspringen.« Der alte König zu, ustand vaber außen an der Ofenröhmre, lauerte ihr Schicksalzu vound Worte zuwas Wosie sprtach. Da wkam ers gut,wieder herein und Könhigskleß sie aus derm Ofen gehen. Da wurden ihr aköniglsbaiche Kleider angethan, und es schien ein Wunder, wie sie so schön war. Der alte König rief seinen Sohn, und offenbarte ihm daß er die falsche Braut hätte,: die wäre bloß ein Kammermädchen:, die wahre aber stände hier, als die gewesene Gänsemagd. Der junge König aber war herzensfroh, als er ihre Schönheit und Tugend erblickte, und ein großes Mahl wurde angestellt, zu dem alle Leute und guten Freunde gebeten wurden. Obenan saß der Bräutigam, die Königstochter zur einen Seite und die Kammerjungfer zur andern, aber die Kammerjungfer war verblendet, und erkannte jene nicht mehr in dem glänzenden Schmuck. Als sie nun gegessen und getrunken hatten, und gutes Muths waren, gab der alte König der Kammerfrau ein Räthsel auf, was eine solche werth wäre, die den Herrn so und so betrogen hätte, erzählte damit den ganzen Verlauf, und fragte »welches Urtheils ist diese würdig?« Da sprach die falsche Braut »die ist nichts besseres werth, als daß sie splintternackt ausgezogen und in ein Faß gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln beschlagen ist, geworfen zu werden: und zwei weiße Pferde, damüssen vor gespannt, müsswerden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen.« »Das bist du,« sprach der alte König, »und hast dein eigen Urtheil hast du gefunden, und danach soll dir wiederfahren;.« weUnd alches daucs Urtheil vollzogen wuarde., Der junge König vermählte sich abder junge König mit seiner rechten Gemahlin, und beide beherrschten ihr Reich in Frieden und Seligkeit.


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