Die zwölf Brüder

Vergleich der Fassungen von 1819 und 1857

Dies ist ein automatisierter Vergleich der 2. Fassung von 1819 des Märchens "Die zwölf Brüder" (KHM 9) aus dem zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm mit der 7. Fassung von 1857.

Es war einmal ein König und eine Königin, die lebten in Frieden mit einander und hatten zwölf Kinder, das waren aber lauter Buben. Nun sprach der König zu seiner Frau: »wenn das dreizehnte Kind, dwas du zur Welt bringst, ein Mädchen ist, so sollen die zwölf Buben sterben, damit sein Reichthum groß wird und es das Königreich ihm allein erhzufällt.« Er ließ auch zwölf Särge machen, die waren schon mit Hobelspänen [1] gefüllt, und in jedem lag das Todtenkißchen, und ließ sie in eine verschloßssene Stube bringen, davonn gab er der Königin den Schlüssel und sprach, sige sbollte ihr niemand etwas davon etwaszu sagen.

Die Mutter aber saß nun den ganzen Tag und trauerte, so daß der kleinste Sohn, der immer bei ihr war, und den sie nach der Bibel Benjamin nannte, zu ihr sprach: »liebe Mutter, warum bist du so betraurig?« »Liebstes Kind,« antwortete sie, »ich darf dirs nicht sagen.« Er ließ ihr aber keine Ruhe, bis sie gieng und die Stube aufschloß, und ihm die zwölf Todtenladen mit Hobelspänen schon gefüllt,en Todtenladen zeigte. Daraundf sprach: sie »mein liebster Benjamin, diese Särge hat dein Vater für dich und deine elf Brüder machen lassen, denn wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getödtet und in den Säargein da begraben werden.« DUnd als sie weinte während sie dags sprach, so tröstete sie der Sohn: und sagte »weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns schon helfen und wollen fortgehen.« Sie aber sprach: »geh mit deinen elf Brüdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den höchsten Baum, der zu finden ist, und halte Wacht und schaue nach dem Thurm hier im Schloß. Gebär ich ein Söhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken, und dann dürft ihr wieder kommen; gebär ich ein Töchterlein, so will ich eine rothe Fahne aufstecken, und dann flieht fort, so schnell ihr könnt, und der liebe Gott behüte euch. Alle Nacht will ich aufstehen und für euch beten:, im Winter, daß ihr an einem Feuer euch wärmen könnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.«

Nachdem sie also ihre Söhne gesegnet hatte, giengen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, fast auf der höchsten Eiche und schauete nach dem Thurm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde,: es war aber nicht die weiße, sondern die rothe Blutfahne, die verkündigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Brüder das nun hörten, wurden sie zornig und sprachen: »sollten wir um eines Mädchens willen den Tod leiden;! nunwir schwören wir, daß woir uns rächeins bwollegegnet,: wo wir ueins rMädchen ufinden, soll sein rothes Blut fließen lassen

Darauf giengen sie tiefer in den großen Wald hinein, und mitten drein, wo er am dunkelsten war, fanden sie ein kleines verwünschtes Häuschen, das leer stand. Da sprachen sie: »hier wollen wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der jüngste und schwächste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.« Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Vögel und Täuberchen und was zu essen stand;: das brachten sie dem Benjamin, der mußte es ihnen zurecht machen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. In dem Häuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang.

Das Töchterchen, das ihre Mutter, die Königin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gaut von Herzen und schön von Angesicht und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Wäsche war, sah es darunter zwölf Mannshemden und fragte seine Mutter: »wem gehören diese zwölf Hemden, für den Vater sind sie doch viel zu klein?« Da antwortete sie mit schwerem Herzen: »liebes Kind, die gehören deinen zwölf Brüdern.« Sprach das FrMäuldchein: »wo sind den meine zwölf Brüder, vonich denen habe ich noch niemals von ihnen gehört.« Sie antwortete: »daßs weiß Gott, wo sie sind,: sie irren in der Welt herum.« Da nahm sie das Mädchen und schloß ihm das Zimmer auf, und zeigte ihm die zwölf Särge mit den Hobelspänen und den Todtenkißchen. »Diese Särge,« sprach sie, »waren für sdeine Brüder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst,« und erzählte ihm, wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Mädchen: »liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine Brüder suchen.«

Nun nahm es die zwölf Hemden und gieng fort, und geradezu in den großen Wald hinein. Es gieng den ganzen Tag, und am Abend kam es zu dem verwünschten Häuschen. Da trat es hinein und fand einen jungen Knaben, der fragte: »wo kommst du her und wo willst du hin?« und erstaunte, daß sie so gar schön war, königliche Kleider trug und einen Stern auf der Stirne hatte. Da antwortete sie: »ich bin eine Königstochter und suche meine zwölf Brüder und will gehen, so weit der Himmel blau ist, bis ich sie finde.« UndSie zeigte ihm auch die zwölf Hemdern, die ihnen gehörten. Da sah Benjamin, daß es seine Schwester war, und sprach: »ich bin Benjamin, dein jüngster Bruder!.« Und sie fieng an zu weinen vor Freude, und Benjamin auch, und sie küßten und herzten einander vor großer Liebe. Hernach sprach er: »Lliebe Schwester, es ist noch ein Vorbehalt da, wir hatten beschlossen und verabredet, daß ein jedes Mädchen, das uns begegnete, sterben sollte, weil wir um ein Mädchen unser Königreich verlassen mußten.« Da sagte sie: »ich will gerne sterben, wenn ich damit meine zwölf Brüder erlösen kann.« »Nein antwortete er, »du sollst nicht sterben, setze dich unter diese Bütte bis die elf Brüder kommen, dann will ich schon einig mit ihnen werden.« Also that sie; und wie es Nacht ward, kamen die andern von [2] der Jagd, und die Mahlzeit war bereit. Und als sie am Tische saßen und aßen, fragten sie: »was giebts neues?« Sprach Benjamin: »wißts ihr nichts?« »Nein« antworteten sie. Sprach er weiter: »ihr seid im Walde gewesen, und ich bin daheim geblieben, und weiß doch mehr als ihr.« »So erzähle uns« riefen sie. Antwortete er: »versprecht ihr mir auch, daß das erste Mädchen, das uns begegnet, nicht soll getödtet werden?« »Ja,« riefen sie alle, »das soll Gnade haben, erzähl uns nur.« Da sprach er: »unsere Schwester ist da,« und hub die Buütte auf, und die Königstochter kam hervor in ihren königlichen Kleidern mit dem goldenen Stern auf der Stirne, und war so schön, zart und fein. Da freueten sie sich alle, fielen ihr um den Hals und küßten sie und hatten sie vonm Herzen lieb.

Nun blieb sie bei Benjamin zu Haus und half ihm in der Arbeit. Die elfe zogen in den Wald, suchtfien Wildger n class="c">(Gewild), Rehe, Hasen, Vögel und Täuberchen, damit sie zu essen hatten, und die Schwester und Benjamin sorgten, daß es zubereitet wurde. Sie suchte das Holz zum Kochen, und die Kräuter zum Gemüs, und stellte zudie Töpfe amns Feuer, also daß die Mahlzeit immer fertig war, wenn die eElfe kamen. Sie hielt auch sonst Ordnung im Häuschen, und deckte die Bettlein hübsch weiß und rein, und die Brüder waren immer zufrieden und lebten in großer Einigkeit mit ihr.

Auf eine Zeit hatten die beiden daheim eine schöne Kost zurecht gemacht, und wie sie nun alle beisammen waren, setzten sie sich, aßen und tranken und waren voller Freude. Es war aber ein kleines Gärtchen an dem verwünschten Häuschen, darin standen zwölf Lilienblumen, die man auch Studenten heißt;: nun wollte sie ihren Brüdern ein Vergnügen machen, brach die zwölf Blumen ab und dachte jedem aufs Essen eine zu schenken. Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach: »ei! ei! mein Kind, was hast du angefangen? warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen,? das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.« Das Mädchen sprach weinend: »ist denn kein Mittel, sie zu erlösen?« »Nein,« sagte die Alte, »es ist keins auf der ganzen Welt, als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du musßt sieben Jahre stumm seyin, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von dem einen Wort getödtet.«

Da sprach das Mädchen in seinem Herzen: »ich weillß gewiß daß ich meine Brüder gewiß erlösen,« und gieng und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf und spann, und sprach nicht und lachte nicht. Nun trugs sich zu, daß ein König in dem Walde jagte, der hatte einen große Windel (Windhund), dier lief zu dem Baum, wo das FrMäuldchein drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei und sah die schöne Königstochter mit dem goldenen Stern auf der Stirne, und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er hinaufhr zurief, ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie gab keine Antwort, nickte aber ein wenig mit dem Kopf;. dDa stieg er selbst hinauf den Baum, trug sie herab, setzte sie auf sein Pferd und da waführdte dsie Hochzeit,m. obgleich die BrDaut stumm war und ndichte laHochtze,it mit großer Pracht und Freude gefeiert: aber die Braut sprach nicht und lachte nicht. Als sie ein paar Jahre mit einander vergnügt gelebt hatten, fieng die Mutter des Königs, die eine böse Frau war, an, die junge Königin zu verläumden und sprach zum König: »es ist ein gemeines Bettelmädchen, daßs du dir mitgebracht hast, wer weiß, was für gottloses Streiche sie heimlich treibt. Wenn sie stumm ist und nicht sprechen kann, so könnte sie doch einmal lachen, aber wer nicht lacht, der hat ein böses Gewissen.« Der König wollte zuerst nicht daran glauben, aber sdie Alte trieb es so lang,e und beschuldigte sie so viel böser Dinge, daß der König sich endlich überreden ließ und sie zum Tod verurtheilte.

Nun ward im Hof ein großes Feuer angezündet, darin sie sollte sie verbrannt werden: und der König stand oben am Fenster und sahs mit weinenden Augen anzu, weil er sie noch immer so lieb hatte. Und als sie schon an den Pfahl festgebunden war, und das Feuer schoan nach ihren Kleidern dmit rothen Zungen strleckte, da war eben der letzte Augenblick von den sieben Jahren verflossen. undDa ließ sich in der Luft ließ sich ein Geschwirr hören., Zund zwölf Raben kamen hergezogen und senkten sich nieder: und wie sie die Erde berührten, waren es ihre zwölf Brüder, die sie erlöst hatte. Sie rissen das Feuer auseinander, löschten die Flammen, machten ihre liebe Schwester frei, und küßten und herzten sie. Nun durftaber, da sie ihren Mund aufthun und reden undurfte, erzählte sie dem König, wie es gekommen war,um daß sie stumm gewesen wäre und niemals gelacht haätte,. dDer König freute sich, als er hörte daß sie unschuldig war, und sie lebten nun alle zusammen in Lust und Einigkeit bis an ihren Tod. Die böse Stiefmutter ward vor Gericht gestellt, und in ein Faß gesteckt, das mit siedendem Oehl und giftigen Schlangen angefüllt war, und starb eines bösen Todes.


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