Vom klugen Schneiderlein

Vergleich der Fassungen von 1815 und 1857

Dies ist ein automatisierter Vergleich der 1. Fassung von 1815 des Märchens "Vom klugen Schneiderlein" (KHM 114) aus dem ersten Band der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm mit der 7. Fassung von 1857.

Es war einmal eine Prinzessin gewaltig stolz;: kam ein Freier, so gab sie ihm etwas zu rathen auf, und wenn ers nicht errathen konnte, so ward er mit Spott fortgeschickt. Sie ließ auch bekannt machen, wer’s erriehr Räthsel löste, sollte sich mit ihr vermählen, und möchte kommen, wer da wollte. NuEndlich fanden sich auch drei Schneider zusammen, davon meinten die zwei ältesten, sie hätten so manchen feinen Stich gethan, und hättens getroffen, da könnts ihnen nicht fehlen, sie müßtens woauchl behi der Prinzessin auch treffen; der dritte aber war ein kleinesr unnützesr DSpringinsfeld, daser nicht einmal sein Handwerk verstand, aber meinte er müßte dabei Glück haben, denn woher sollts ihm sonst kommen. Da sprachen die zwei andern zu ihm: »bleib nur zu Haus, du wirst mit deinem Bbischen Verstande auch nicht weit kommen;.« dDas Schneiderlein ließ sich aber nicht irre machen und sagte, es hätte einmal seinen Kopf darauf gesetzt und wollte sich schon helfen, und gieng dahin, als wäre die ganze Welt sein.

Da meldeten sie sich alle drei bei der Prinzessin und sagten, sie sollte ihnen ihre Räthsel vorlegen;: es wären die rechten Leute angekommen, die hätten einen feinen Verstand, den könnte man ihn wohl in eine Nadel fädeln könnte. Da sprach die Prinzessin: »ich habe zweierlei Haar auf dem Kopf, von was für Farben ist das?« »Wenns weiter nichts ist,« sagte der erste, »es wird schwarz und weiß seyin, wie Tuch, das man Kümmel und Salz nennt.« Die Prinzessin sprach: »falsch gerathen, antworte der zweite.« Da sagte der zweite: »ists nicht schwarz und weiß, so ists braun und roth, wie meines Herrn Vaters Bratenrock.« »Falsch gerathen,« sagte die Prinzessin, »antworte der dritte, dem seh ichs an, der weiß es sicherlich.« Da trat das Schneiderlein keck hervor, und sprach: »die Prinzessin hat ein silbernes und ein goldenes Haar auf dem Kopf, und das sind die zweierlei Farben.« Wie die Prinzeßssin das hörte, ward sie blaß, und wäre vor Schrecken beinah hingefallen, denn das Schneiderlein hatte es getroffen, und sie hatte fest geglaubt, das würde kein Mensch auf der Welt heraus bringen. Als ihr das Herz wieder kam, sprach sie: »damit hast du mich noch nicht gewonnen, du mußt noch eins thun, unten im Stall liegt ein Bär, bei dem sollst du die Nacht zubringen,; wenn ich dann morgen aufstehe, und du bist noch lebendig, so sollst du mich heirathen.« Sie dachte aber, damit wollte sie das Schneiderlein los werden, denn der Bär hatte noch keinen Menschen lebendig gelassen, der ihm unter die Tatzen gekommen war. Das Schneiderlein ließ sprich nicht abschrecken, war ganz vergnügt:, »unda sprach w»frill isch gewauchgt, nochist vohallbrin gewonnen

Als nun der Abend kam, ward mein Schneiderlein hinunter zum Bären gebracht;. dDer Bär wollt auch gleich auf desn kleinen Kerl los und ihm mit seiner Tatze einen guten Willkommen geben. »Sachte, sachte,« sprach das Schneiderlein, »ich kannwill dich nosch dispeon (zur Ruhe bringen).« Da holte es ganz gemächlich, als hätt es keine Sorgen, Wwelsche- Nüsse aus der Tasche, biß sie auf und aß die Kerne;. wWie der Bär das sah, kriegte er Lust und wollte auch Nüsse haben. Das Schneiderlein griff in die Tasche und reichte ihm eine Hand voll; es waren aber keine Nüsse, sondern Wackersteine. Der Bär steckte sie ins Maul, er konnte aber nichts aufberißngen, er mogchte drückbeißen wie er wollte. »Ei,« dachte er, »was bist du für ein dummer Klotz,! du kannst nicht einmal die Nüsse aufbeißen« und sprach zum Schneiderlein: »mein, beiß mir die Nüsse auf.« »Da siehst du was du für ein Kerl bist,« sprach das Schneiderlein, »hast so ein großes Maul und kannst die kleine Nuß nicht aufbeißen.« Da nahm es die Steine, war hurtig, steckte dafür eine Nuß in den Mund und knack!, war sie entzwei. »Ich muß das Ding noch einmal probieren,« sprach der Bär, »wenn ichs so ansehe, ich mein’, ich müßts auch können.« Da gab ihm das Schneiderlein wiabedermals die Wäackersteine, und der Bär arbeitete und biß aus allen Leibeskräften hinein;. GottAber du gelaub,st erauch nichätt daß er sie aufgebracht! hat. Wie das vorbei war, holte das Schneiderlein eine Violine unter dem Rock hervor und spielte sich ein Stückchen darauf. Als der Bär daie Musik hörtvernahm, konnte er es nicht lassen und fieng an zu tanzen, und als er ein Weilchen getanzt hatte, gefiel ihm das Ding so wohl, daß er zum Schneiderlein sprach: »hör, ist das Geigen schwer?« »EKi gar nderleicht, siehst du, mit der Linken leg ich die Finger auf und mit der Rechten streich ich mit dem Bogen drauf los, da gehts lustig, hopsasa, vivallalera!« »WillstSo du mGeich’s lgehren? sprach der Bär, so geigen, »das mögcht ich auch verstehen, damit ich tanzen könnte, wannso oft ich Lust hätte.« Was meinst du dazu? Willst du mir Unterricht darin geben?« »Von Herzen gern,« sagte das Schneiderlein, »wenn du’s lGernen wschillck dazu hast,. aAber weis einmal deine Tatzen her, die sind gewaltig lang, ich muß dir erst die Nägel ein wenig abschneiden.« Da holteward es einen Schraubstock herbei geholt, und der Bär legte seine Tatzen darauf, das Schneiderlein aber schraubte sie fest und sprach: »nun warte bis ich wiederkomme mit der Scheere; komme,« ließ den Bären brummen, so viel er wollte, legte sich in die Ecke auf ein Bund Stroh und schlief ein.

Die Prinzessin, als sie am Abend den Bären so gewaltig brummen hörte, glaubte nicht anders, als der fbreummte sichvor Frechtuden und mitte dem Schneider den Garaus jgemachtzt vorbei. Am Morgen stand sie gauchnz runbechsorgt und vergnügt auf, wie sie aber nach dem Stall guckt, so steht das Schneiderlein ganz munter davor und ist gesund wie ein Fisch im Wasser. Da konnte sie nun kein Wort mehr dagegen sagen, weil sies öffentlich versprochen hatte, und der König ließ einen Wagen kommen, darin mußte sie mit dem Schneiderlein zur Kirche fahren, und sollte sie da vermählt werden. Wie sie nun eingestiegen waren, giengen die beiden andern Schneider, die ein falsches waHerz hatten und ihm sein Glück nicht gönnten, in den Stall und schraubten den Bären los,. dDer war inun voller Wuth und reannte hinter dem Wagen her. Die Prinzessin aber hörte ihn schnauben, unda brummen: es ward ihr Aangst, und sie sagtrie:f »ach!, der Bär ist hinter uns und will dich holen.« Das Schneiderlein war befi der Handx, stellte sich auf den Kopf, streckte die Beine zum Fenster hinaus und rief: »siehst du den Schraubstock;? wann du nicht gehst, so sollst du wieder hinein.« Wie der Bär das sah, drehte er um und lief fort. Mein Schneiderlein fuhr da ruhig in die Kirche und die Prinzessin ward ihm an die Hand getraut, und lebte er mit ihr vergnügt wie eine Heidlerche. Wers nicht glaubt, bezahlt einen Thaler.


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